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Coronagejammer und Prüfungsstress

Immer noch und immer wieder stressen mich Prüfungssituationen total. Meinen Kindern versuche ich zu erzählen, dass gute Vorbereitung das beste Mittel gegen Prüfungsangst sei. Trotzdem erwischt es mich immer wieder. Dazu kommt, egal wie gut gelernt, das Wissen ist so unendlich, dass es gar nicht möglich ist, alles gleich gut auf den Schirm zu haben.

Jetzt ist es wieder soweit. Am 21.01.21 habe ich meine nächste große Prüfung, wenn Corona will. Das Gute ist, außer Lernen kann man an den freien Tagen sowieso nichts unternehmen. Selbst an Silvester kann man dieses Jahr um 21.00 Uhr ins Bett gehen. Und außer der halben Stunde für Dinner for One, kann man den Tag auch lernend verbringen.

Seit gestern das Schreiben mit dem Datum kam, bin ich nervös. Heute Morgen bin ich um 7.00 Uhr wach geworden, um 08.00 Uhr saß ich am Schreibtisch. Jetzt merke ich um welche Defizite ich mich schon immer Mal kümmern wollte und es Faulheit nie gemacht habe (Intubation, Beatmung, chirurgische Notfälle u.v.m.). Dafür müsste ich nämlich an meinen freien Tagen in die Klinik fahren. Seit dem ATLS-Kurs gab es coronabedingt auch keine Fortbildungen mehr. Warum bin ich nur so ein fauler Sack geworden?

Klar, Arbeiten während Corona frisst jede Menge Energie. Nach der Arbeit geht nichts mehr und ab 21.00 Uhr zieht es mich ins Bett. Ich schlafe schnell ein aber ich wache häufig auf und ich träume viel von der Arbeit. In den Rufdiensten gibt es deutlich mehr Anrufe.

Zwei Tage nicht gelernt, weil die Dienste (beide von Kollegen geerbt) so heftig waren. Gestern war ich bis 0.40 Uhr auf der Arbeit. Jetzt kommen die richtig kranken Coronapatienten. Das Frühjahr war harmlos gegen das, was wir gerade erleben. Und es sterben viele Alte aber es sterben auch junge Patienten ohne Vorerkrankungen. Und es kommen immer mehr Patienten. Und mit den Zahlen, der Menschen, die sehr schwer erkrankt sind. Auch immer wieder junge schwangere Frauen. Eine davon musste jetzt intubiert werden und wurde in der 25 Woche entbunden.

Auf den Stationen gibt es immer nur sehr vereinzelte Betten, jede Aufnahme ist ein logistischer Kraftakt und erfordert mindestens zehn Telefonate. Wir sind als Krankenhaus nur noch sehr eingeschränkt handlungsfähig und bei dem, was da auf uns zurollt, wird mir angst und bange.

Eines Tages wird mir morgens die Kraft fehlen, aus meinem Bett aufzustehen und zur Arbeit zu gehen. Während ich das gerade schreibe, steigen mir schon wieder die Tränen in die Augen. Das passiert auch oft in letzter Zeit. Manchmal, weil ein Patientenschicksal so berührend ist, das ist dann okay. Meistens aber vor Frust, Wut oder einfach nur Erschöpfung. Frust und Wut, weil die Abläufe einfach nicht funktionieren, wichtige Proben werden im Labor nicht bearbeitet, Betten, die man dringend braucht werden blockiert, man klärt mit zehn Leuten, was genau mit dem Patienten passieren soll und der Elfte macht dann doch etwas ganz anderes. Dadurch, dass die Patienten so lange in der Notaufnahme liegen, werden sie von Schicht zu Schicht übergeben und da gibt es Informationsverluste. Auf den aufnehmenden Stationen weiß niemand mehr von Absprachen, die im Frühdienst getroffen wurden. Ich bräuchte an jeder Ecke eine Tischkante zum Reinbeißen. Oder einen Boxsack. Ich weiß nicht, wie wir das noch bis zum Frühjahr aushalten sollen.

Trotz frei heute zieht es mich dringend ins Bett (20.40 Uhr). Damit habe ich nicht mal 12 Stunden durchgehalten. Ich habe mich aber aufgerafft und bin eine große Runde gelaufen. Dabei hat sich sogar etwas Sonne gezeigt. Das hat meiner Stimmung sehr gut getan (besser als meinen Knien).


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