top of page
  • sofrei

Mein Hochrhöner oder „ohne Ö fehlt dir was“

Vom 04. Bis 10.07.2020

Variante Kuppenrhön

Tag 1, von Bad Kissingen nach Waldberg, 24,83 km, 624 Höhenmeter

Parken war am Bahnhof Bad Kissingen kein Problem und kostete auch nur einen Euro für den ganzen Tag, so dass Alex davon absah, einen kostenlosen Parkplatz zu suchen. Das Südportal des Hochrhöners war auch schnell gefunden und auch das orange „Ö“ war überall zu sehen. Los ging es mit prall gepacktem Rucksack. Erstmal gemütlich entlang der Saale, dann durchs Kaskadental bergauf. Es war ein schöner Wandertag, wobei es ziemlich warm wurde. In Stralsbach haben wir leider verpasst etwas zu essen. Alex wollte noch bis Frauenroth mitlaufen, dass es dort aber nichts zu essen gab, war uns nicht so richtig klar. Also gab es Müsliriegel, Studentenfutter und einen Apfel zum Mittag und dann verabschiedete Alex sich und ich war auf mich allein gestellt. Inzwischen hatten wir einmal drei und einmal zwei Frauen gesehen, die wohl auch auf dem Hochrhöner unterwegs waren. An einer der zahlreichen schönen Unterstände im Wald machte ich nochmal eine Pause und konnte nicht mehr aufhören, vom Studentenfutter zu essen. In Premich hatte ich dann keinen Hunger und ich musste ja auch noch weiter zum Campingplatz in Waldberg, so dass ich dann einfach weitergewandert bin. Der Abzweig nach Waldberg war leicht zu finden, nach dem Campingplatz musste ich aber fragen. Die Anwohner waren allerdings der Meinung, dass der Platz geschlossen sei, aber ich hatte im Vorfeld Emailwechsel mit dem Betreiber. Ich musste noch wieder ins Tal absteigen. Der Platz war eine komplette Baustelle, aber es funktionierten 4 Toiletten und eine Dusche und es gab reichlich ebene Plätze, um mein Zelt aufzustellen. Was es nicht gab war Klopapier oder Strom. Und natürlich auch kein Essen und Trinken. Immerhin mit etwas Baustellenstrom konnte ich zumindest das Handy ein bisschen laden.


Tag 2, von Waldberg nach Oberweißenbrunn, 19,11 km, 728 Höhenmeter

Nach einer unruhigen Nacht wachte ich verspannt und mit Kopfschmerzen auf. Überraschenderweise passten Zelt und Luftmatratze nach dem Abbauen wieder in ihre Taschen und alles wieder in den Rucksack. Diesmal packte ich die Wasserblase weiter nach unten und den Schlauch auf meine linke Seite, was sich im Verlauf als ungünstig rausstellte. Die Dusche, unter die ich nochmal schnell hüpfen wollte, war am Vorabend noch zerstört worden. Ich lief ohne Frühstück los und hoffte auf einen Bäcker in Langenleiten. Den gab es, mit Café, sogar ausgeschildert, aber sonntags geschlossen. Das war der absolute Tiefpunkt, dazu war es kalt und nieselig. Einzig zwei spielende Jungfüchse auf einer Wiese hatten den Tag bisher nicht zu einem Totalverlust werden lassen. Auf einer Bank frühstückte ich erstmal einen Müsliriegel und Studentenfutter und reservierte mir telefonisch ein Zimmer in Oberweißenbrunn. Der Anstieg nach Langenleiten hatte mich echt geschafft und die nächste Übernachtungsmöglichkeit nach Oberweißenbrunn wäre 10 km weiter gewesen. Dann ging es auf zum Kreuzberg, erst noch bergab und dann steil bergauf. Ich motivierte mich mit Klosterbier und Klößen zum Durchhalten. Auf dem Kreuzberg angekommen musste ich erstmal einen Weg um die Coronaabsperrung suchen, um dann eine lange Menschenschlange zu sehen, die an der Klosterschänke anstand. Einen Moment lang war ich wirklich versucht einfach weiterzulaufen, aber ich musste etwas essen. Nach 20 Minuten war ich an der Anmeldung und bekam einen Tisch zugewiesen, von dem ich erstmal 2 andere Gäste vertreiben musste (deren zugewiesener Tisch stand so schräg, dass die Soße vom Teller lief). Dann stand ich nochmal 40 Minuten in der Essensschlange und kühlte ziemlich aus. Das Bier ging dann aber ganz schnell. Den Gipfel ließ ich wegen Wolken und Kälte aus und der Abstieg nach Oberweißenbrunn war dann wirklich nur noch ein Klacks. In der Pension Rhönlust bekam ich mein Zimmer und durfte vor allen Anmeldeformalitäten mein Abendessen wählen und dann erstmal duschen und ausruhen. Ich wusch mich, dann T-Shirt, Unterwäsche und Socken und dann streckte ich mich erstmal aus. Mein Tisch war leicht zu finden, der einzige, der nur für eine Person eingedeckt war. Beim Abendessen kam ich mit einigen Frauen ins Gespräch, die ebenfalls auf dem Hochrhöner unterwegs waren, allerdings mit Gepäcktransport und vorgebuchten Unterkünften.


Tag 3, von Oberweißenbrunn zum Lothar-Mai-Haus (Hofbieber Steens), 28,37 km, 998 Höhenmeter

Nach einer Nacht Schlaf, einer Ibuprofen am Vorabend und drei reichlichen Mahlzeiten lief es an diesem Tag einfach großartig. Der Aufstieg zum Himmeldunkenberg war zwar schweißtreibend aber Sonne und Wind trockneten den Schweiß schnell wieder.



Bald stieß ich auf den Wasserkuppenrundweg, den Alex und ich im Vorjahr gelaufen waren und den ich unbedingt nochmal an einem Tag laufen will. Endlich hatte ich beim Wandern den Spaß und das Gefühl, dass ich mir erhofft hatte. Der Aufstieg zur Wasserkuppe war von dieser Seite viel einfacher als gedacht. An der Fuldaquelle füllte ich die Wasserblase und auf der Wasserkuppe gab es dann auch endlich die Bratwurst (das Haus am roten Moor hat montags ja leider Ruhetag). Auf der Wasserkuppe trennte sich der Hochrhöner wieder vom Wasserkuppenrundweg. Ab dem Abstieg von der Wasserkuppe auf der Abtsrodaer Seite hatte ich nur wenige andere Wanderer. An tierischen Begegnungen gab es Rehe und einen riesigen Feldhasen, der ganze Weile auf mich zukam bis er mich bemerkte und abbog. An der Enzianhütte gönnte ich mir ein unglaubliches leckeres Stück Apfelkuchen und eine Tasse Kaffee im Windschatten. Reinsetzen wollte ich mich nicht um nicht durch Wärme und Gemütlichkeit zu träge zu werden. Gestärkt und mit frisch eingecremten Füßen ging es weiter zur Milseburg. Es hatte sich etwas zugezogen und es fielen auch mal einige Tropfen Regen. Obwohl es noch Nachmittag war, hatte ich die Milseburg komplett für mich. Beim Gipfelselfie wehte allerdings ein heftiger Wind, so dass das Foto nichts wurde. Beim Abstieg fing es dann richtig an zu regnen. Nach dem ich den Abzweig nach Oberbernhards verpasst hatte, war auch klar, dass ich im Lothar-Mai-Haus übernachten würde. Laut Internet gab es noch freie Einzelzimmer und so lief ich in der sehr freundlichen Rezeption des schicken Hotels ein. Es gab auch ein Schwimmbad, so dass auch der Bikini endlich zum Einsatz kam. Zu dem Zeitpunkt hatte ich dann vom Regencape bis zum Bikini alles mal angehabt, was ich dabeihatte. Während ich im Wasser planschte schüttete es draußen wie aus Eimern und ich war sehr froh nicht zu zelten. Ich grübelte ein wenig, ob es wirklich sinnvoll war, mich mit Zelt, Isomatte und Schlafsack weiter zu belasten, da ich mich wahrscheinlich nicht trauen würde, wild zu zelten. Nach dem ich an diesem Tag so weit gekommen war, würde ich es bereits am nächsten Tag nach Tann schaffen.

Tag 4, von Hofbieber Steens nach Tann, 26,22 km, 729 Höhenmeter

Bei wieder traumhaftem Wetter ging es endlich nach Tann, in meine alte Heimat, wo ich bei Freunden zum Abendessen und übernachten erwartet wurde. Auf dieser Teilstrecke begegnete ich kaum einem Menschen und keinem anderen Wanderer. Ein alter Fuchs tauchte vielleicht 20 m vor mir aus dem Wald auf, verschwand aber auch sofort wieder. Nach einem wunderbaren Frühstück und mit Aussicht auf ein ausgiebiges Abendessen lebte ich diesen Tag wieder von Studentenfutter und M und Ms. Von unterwegs hatte ich immer wieder Blick auf Wasserkuppe und Milseburg in der Ferne und war von mir selbst beeindruckt, dass ich seit dem Vortag diese Strecke zurückgelegt hatte.



Es war wieder härter als der Tag zuvor, aber immer noch ein wunderbarer Wandertag. Ein Teil des Weges führte entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Endlich sah ich den Habelberg, unseren damaligen Hausberg und das Dorf Habel, in dem ich in meiner Kindheit nie gewesen bin. Ein älterer Herr, der in seinem Feld etwas arbeitete, erkundigte sich wo ich hinwollte und ob ich mich denn auskennen würde und ob ich in Tann Logis habe. Der Anstieg zum Habelstein war nochmal schweißtreibend, die Aussicht dann aber, wie immer bei gutem Wetter, lohnend. Ein Rotmilan flog direkt auf meiner Höhe an mir vorbei, die Hummeln summten im wilden Thymian und ich hatte sehr wenig Lust den Rucksack wieder aufzusetzen und weiterzulaufen. Auch fragte ich mich, wieso es vom Habelstein nach Tann noch 5 km sein sollten, das war dann aber der Streckenführung geschuldet. In Tann angekommen gönnte ich mir ein Eis und wartete dankbar auf meinen Abholer.



Ich hatte einen großartigen Abend mit gutem Wetter, leckerem Essen, witzigen und ernsten Gesprächen und viel Spaß. Meine ganze Wanderwäsche landete in der Waschmaschine. Als Schlummertrunk gab es noch einen schönen Whisky und dann rollte ich meinem Schlafsack auf der Couch meiner Freunde aus.

Tag 5, von Tann-Hundsbach nach Dermbach, 24,3 km, 608 Höhenmeter

Leider hatte der Wetterbericht recht behalten und es schüttete am nächsten Morgen. Die Nacht war recht kurz gewesen, meine Gastgeber hatten mich gewarnt: Die hart arbeitende Tochter der Familie bereitete sich in aller Frühe ein reichhaltiges Frühstück, um den Arbeitstag zu überstehen. Recht hat sie, auch ich habe auf dieser Wanderung bemerkt, wie sehr essen und körperliche Leistungsfähigkeit zusammenhängen. Oder platt gesagt: Ohne Mampf kein Kampf. Ich schlummerte zwar gleich wieder ein, aber wir waren natürlich deutlich nach Wanderers Mitternacht (21.00 Uhr) zu Bett gegangen.

Nach dem Frühstück brachen wir zu dritt auf, meine Freundin Sandra wollte eine Tagesetappe mit mir laufen und ihr jüngster Sohn uns bis Tann begleiten. Die frisch aufgesprühte Imprägnierung auf den Schuhen hielt bei den Wassermassen nicht lange, bald waren meine Füße klatschnass und bei jedem Schritt lief Wasser aus meinen Schuhen. Viel Aussicht gab es an diesem Tag auch nicht, aber dafür verkürzten Gespräche den Tag und machten den komplett verregneten Tag trotzdem sehr angenehm. Auch dass ich den schweren Rucksack teilweise abgeben konnte, erleichterte diese Etappe deutlich.



In Andenhausen treffen die beiden Routen über die Kuppenrhön und über die lange Rhön wieder zusammen und wir folgten ca. 400 m den Markierungen Lange Rhön, bis Sandra auffiel, dass das der falsche Weg sein musste. Auf jeden Fall stimmt da irgendetwas nicht mit der Beschreibung in meinem Wanderführer, zumal die Beschreibungen von der Langen Rhön-Route und der Kuppenrhön-Route zu dem Kreuzungspunkt identisch sind.

In der Mittagspause (Bratwurst vom Vorabend und Lakritzkätzchen) reservierte ich mir ein Zimmer im Rhönpaulus, da meine Füße aufgeweicht genug waren. Außerdem verpflegten wir uns unterwegs mit Walderdbeeren, Himbeeren und wilden Kirschen.

In Dermbach irrten wir noch ein wenig herum, bis wir dann Google Maps benutzten. Zum Glück schauten wir noch nach dem Bus zurück nach Tann, den gab es nämlich nicht mehr. Die Buslinie Tann-Bad Salzungen ist wohl in der Zwischenzeit eingestellt worden. Ein Busfahrer, der eine Leerfahrt nach Tann-Theobaldshof hatte, nahm Sandra dann mit zurück. Ich bezog mein Zimmer im Rhönpaulus und machte mich daran meine Klamotten zu trocknen und meine aufgeweichten Füße zu versorgen. Eine Blase hatte ich mit inzwischen gelaufen und die Nässe war nicht hilfreich. Es dauerte lange, bis beim Auswaschen meiner Socken das Wasser nicht mehr ganz dreckig war, aber klar wurde es nie.

Abends traf ich zwei der Frauen aus Oberweißenbrunn wieder, die die Route über die lange Rhön genommen hatten.

Tag 6, von Dermbach zum Schönsee, 15,88 km, 537 Höhenmeter

Bei Frühstück unterhielt ich mich noch mit einem Paar, dass auch auf dem Hochrhöner unterwegs war. Ich war noch unsicher, ob ich nochmal übernachten sollte oder ob ich Bad Salzungen durchlaufen sollte. Die Tagesetappe war relativ kurz aber die ganze Strecke war wiederum schon sehr lang. Auch die Möglichkeit wenigstens noch einmal zu zelten sprach für eine Zwischenübernachtung, bedingte aber, dass sich Wetter besserte.

Mein Versuch das schlechte Wetter noch im Hotel auszusitzen, scheiterte am anhaltenden Regen. Der erste Abschnitt stand ganz im Zeichen des Rhönpaulus. Im Ibengarten gab es diverse Tafeln mit Rhönpaulus-Geschichten und bemalten Steinen mit inspirierenden Sprüchen, so dass ich vor lauter Lesen nur langsam vorankam.

In der Zwischenzeit hatte es zumindest aufgehört zu regnen. In Wiesenthal und in Bernshausen verpasste ich es mal wieder zu essen. Am Tagesziel laut Wanderführer, der Bernshäuser Kutte entschied ich mich, doch noch am Schönsee zu zelten.



Das erwies sich als ausgesprochen gute Idee, ich verbrachte einen entspannten Nachmittag am und im See. Nur der Imbiss war geschlossen, so dass es wieder bei Wasser und Studentenfutter blieb. Es gab weder Netz noch WLAN, so dass Alex fast eine Vermisstenmeldung aufgeben wollte. Und in der Nacht wurde es unerwartet kalt trotz meinem Fleecepulli.

Tag 7, vom Schönsee nach Bad Salzungen, 21 km, 354 Höhenmeter

Die letzte Etappe. Bis zum Pleß ging es erstmal bergauf. Unterwegs traf ich das Ehepaar wieder. Nach dem Abstieg vom Pleß ging es durch Wiesen mit vielen wunderschönen Schmetterlingen und mit reifen Himbeeren am Wegesrand. Das musste bis Bad Salzungen reichen. Die letzten Kilometer waren gerade noch ausreichend beschildert und unspektakulär. Das hätte ich vermutlich anders gelöst denn es ging nicht durch die schönsten Ecken von Bad Salzungen. Ein großes Köstritzer, Auberginen mit Mozzarella und Tagliatelle mit Lachs bildeten dann den Abschluss meiner Wanderung. Auf dem Rückweg zum Bahnhof traf ich noch die zwei Frauen wieder, denen ich inzwischen mehrfach begegnet war. Die erzählten mir, dass meine Solowanderung durchaus ein Gesprächsthema bei ihnen gewesen war und dass sie allein Angst gehabt hätten. Angst war nie ein Thema, auf der Milseburg hoffte ich nur, dass es nicht gewittern würde. Aber zu keinem Zeitpunkt hatte ich Sorge, dass mir etwas passieren könnte. Ich habe die Zeiten, in denen ich mit Alex und Sandra gelaufen bin, genossen aber auch die Zeit allein war sehr schön. Ich konnte meinen Gedanken nachhängen, weiß aber jetzt zum großen Teil schon nicht mehr, was ich gedacht habe (kann nicht so weltbewegend gewesen sein). Wenn ich in den Spiegel schaue, finde ich, dass ich entspannt aussehe.

Bald darauf sammelte mich Alex am Bahnhof Bad Salzungen ein.

Mein Fazit:

Ein toller Wanderweg mit ziemlich guter Beschilderung. Nur an wenigen Stellen ist es nicht ganz eindeutig, wo es langgeht. Einige mehr Campingmöglichkeiten, gerne auch einfache Primitivplätze wie im Hunsrück, deren Koordinaten man gegen Anmeldung und eine kleine Gebühr erhält, wären hilfreich. In den Dörfern sieht man leider ein deutliches Geschäfte- und Gaststättensterben. Ich bin natürlich voreingenommen, nachdem ich in meiner Kindheit und Jugend in der Rhön gelebt habe. Das Solowandern fiel mir leicht. auch das jeden Tag wieder los gehen war weniger hart als erwartet, auch wenn es immer wieder anstrengende Passagen gab (häufig im Zusammenhang mit fehlendem Essen).

56 Ansichten0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Es geht mal wieder um Corona

Überraschung. Aber da überall diskutiert wird, ob die Lage jetzt schlimmer ist, als im März (höhere Zahlen) oder längst nicht so schlimm (es wird ja viel mehr getestet, es erkranken mehr Jüngere, die

Post: Blog2_Post
bottom of page